Recht:
Die Abmahnung auf dem Prüfstand
von Rechtsanwalt Dr. Matthias Schaefer
Immer wieder hört man von wahren
Abmahnwellen, die Unternehmen und Private gleichermaßen treffen
können. Gegenstand einer Abmahnung sind vor allem Ansprüche aus dem
Markenrecht, dem Wettbewerbs- oder Urheberrecht, insbesondere bei
Internetsachverhalten. Für die Betroffenen ist die Berechtigung der
Abmahnung oft schwer zu beurteilen. Als besonders ärgerlich und zum
Teil sogar willkürlich werden in vielen Fällen auch die in Rechnung
gestellten Kosten empfunden.
Es ist nicht zu leugnen, dass Abmahnungen wegen ihrer zum Teil
missbräuchlichen Verwendung stark in Verruf geraten sind. Eine
Abmahnung als solches ist jedoch nichts verwerfliches, im Gegenteil.
So paradox es auf den ersten Blick erscheinen mag: in den meisten
Fällen liegt die Abmahnung sogar im Interesse des Abgemahnten! Die
Abmahnung hat in erster Linie den Zweck einen Rechtsverletzer auf
sein Fehlverhalten aufmerksam zu machen. Das ist deshalb sinnvoll,
weil dem Abgemahnten der rechtsverletzende Charakter seines
Verhaltens häufig gar nicht bewusst ist. Er bekommt nun die
Gelegenheit das beanstandete Verhalten ohne aufwendiges und teures
Gerichtsverfahren abzustellen. Dem Rechtsverletzer wird damit
bildlich gesprochen vorgerichtlich die „gelbe Karte“ als Verwarnung
gezeigt.
Im Bereich des Wettbewerbsrechts hält der Gesetzgeber Wettbewerber
regelrecht dazu an, dass Mittel der außergerichtlichen Abmahnung zu
nutzen. Dort ist ausdrücklich geregelt, dass „die zur Geltendmachung
eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten … den Schuldner vor
Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abmahnen … [sollen].“
Mit der Abmahnung ergeht an den Abgemahnten regelmäßig die
Aufforderung zur Abgabe einer sog. strafbewehrten Unterlassungs- und
Verpflichtungserklärung. Sie stellt ein probates Mittel dar um
sicher zu stellen, dass sich das beanstandete Verhalten künftig
nicht wiederholt. Der Umfang dieser Erklärung muss im Einzelfall
genau überprüft werden: Ist diese zu weit gefasst kann der
Abgemahnte sie in dieser Form zurückweisen. Denn für ihn besteht
kein sachlicher Grund, warum er sich für die Zukunft eigene
Spielräume unnötig verschließen sollte. Aus der Abmahnung selbst
muss die Anspruchsberechtigung sowie die konkret beanstandete
Rechtsverletzung eindeutig erkennbar sein.
Ist die Abmahnung gerechtfertigt kann der Abmahnende grundsätzlich
die Erstattung seiner Kosten, insbesondere der verauslagten
Anwaltsgebühren verlangen. Da sich die Höhe der Gebühren nach dem
Gegenstandswert, d. h. nach dem objektiven wirtschaftlichen
Interesse an der Rechtsdurchsetzung richtet, bestehen bei deren
Berechnung gewisse Verhandlungsspielräume. Naturgemäß sind die
Gegenstandswerte hier aber relativ hoch. Besonders deutlich macht
sich das bei der Verletzung von Marken bemerkbar, weil diese oft
einen erheblichen Verkehrswert besitzen. Hier begegnet man ohnehin
des Öfteren dem ungläubigem Staunen seitens der Abgemahnten, wenn
ihnen in ein und derselben Sache nicht nur die Kostennote des
Rechtsanwalts, sondern zusätzlich auch die eines Patentanwalts
überreicht wird: die Möglichkeit der Hinzuziehung eines
Patentanwalts hat der Gesetzgeber jedoch ausdrücklich vorgesehen und
ist daher völlig legal.
Trotz Rechtsverletzung ist eine kostenpflichtige Abmahnung
aber nicht immer gerechtfertigt. Dies gilt insbesondere dann, wenn
sich die Abmahnung als rechtsmissbräuchlich erweist. Anhaltspunkt
hierfür kann beispielsweise der massenhafte Versand von
Abmahnschreiben in gleich gelagerten Fällen sein. Aber z. B. auch
dann, wenn ein Betrieb über eine eigene Rechtsabteilung verfügt,
sind die extern angefallenen Anwaltskosten eventuell nicht
erstattungsfähig, soweit die Rechtsprüfung einfach gelagert ist.
In der Praxis zeigt sich, dass das Instrument der Abmahnung ein
geeignetes Mittel ist, um Konfliktfälle schnell und ohne unnötige
Gerichtskosten beizulegen. Aufgrund ihrer weitreichenden Folgen
sollte der Inhalt einer Unterlassungserklärung jedoch sorgfältig
überprüft und ggf. nach rechtlicher Rücksprache modifiziert werden.
Dass die Kosten einer berechtigten Abmahnung grundsätzlich der
Abgemahnte zu tragen hat ist nur recht und billig – er verletzt
fremde Rechte.
Im Einzelfall lässt sich bei ausreichenden Anhaltspunkten über die
Höhe der Kosten nachverhandeln.
Der Autor, Rechtsanwalt Dr. Matthias Schaefer, LL.M. ,
ist Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei in München, seine Schwerpunkte:
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