„Mittelstandskommunikation
2015″
Studie zum Stellenwert und Einsatz von Unternehmenskommunikation im
deutschen Mittelstand
Leipzig/Wiesbaden,Mai 2015. In dem Gemeinschaftsprojekt der Universität Leipzig und der Fink
& Fuchs Public Relations AG (Wiesbaden) mit Unterstützung des Magazins pressesprecher aus dem Verlag Helios Media (Berlin) wurden im Rahmen eines Forschungstransferprojekts mit
Masterstudentinnen der Universität Leipzig
Kommunikationsverantwortliche von 310 mittelständischen Unternehmen und eine
Vergleichsgruppe aus 262 Großunternehmen befragt.
Nach den Ergebnissen der Studie erkennen die befragten Unternehmen zunehmend die
Bedeutung von Kommunikation für den Unternehmenserfolg. Dennoch ist
Unternehmenskommunikation bei mehr als der Hälfte der Mittelständler noch nicht
institutionalisiert, nur unzureichend mit Budgets ausgestattet und erfolgt
überwiegend ohne Strategie, obwohl die Stichprobe der Studie eher Best Practices als den Durchschnitt im Mittelstand abbildet.
Die Datenerhebung und
Auswertung erfolgte in der neue Studie
„Mittelstandskommunikation 2015“, sie dokumentiert den fortschreitenden
Professionalisierungsprozess der Kommunikationspraxis in mittelständischen
Unternehmen in Deutschland.
Diese bislang größte Studie zur wenig beforschten Kommunikation im
Mittelstand illustriert den Status quo der Kommunikation in Unternehmen mit
maximal 499 Mitarbeitern und einem Umsatz von bis zu 50 Mio. Euro. Zudem
liefert die Untersuchung einen guten Vergleich zu Großunternehmen.
Vier
übergreifende Merkmale der Mittelstandskommunikation
Der Mittelstand fokussiert bei der Unternehmenskommunikation
Kunden, Mitarbeiter und Kernprozesse. Marktorientierte Ziele (Kundengewinnung,
Produktentwicklung oder Erschließung neuer Geschäftsfelder) sowie die
Motivation und Führung von Mitarbeitern haben höchste Priorität. Deshalb geht
es vor allem um Ziele und Maßnahmen der Markt- und internen Kommunikation;
gesellschaftsorientierte PR ist weniger relevant.
Persönliche, direkte Kommunikation steht im Vordergrund.
Mittelständler verstehen Kommunikation überwiegend als Dialog- und
Austauschprozess. Dies zeigt sich primär sowohl im Kontakt mit Kunden und
Geschäftspartnern als auch bei der Gewinnung neuer Mitarbeiter. Dazu dienen
Messen/Veranstaltungen und zunehmend auch Social Media.
Vielfach gibt es eine Strategielücke und eine schwach
ausgeprägte Institutionalisierung der Unternehmenskommunikation. Auf
übergeordnete Strategien setzt nur eine Minderheit. Strategien für die
Arbeitgeberkommunikation sind noch seltener. Kommunikationsmaßnahmen werden
daher oft spontan und situativ ohne klare organisatorische Zuständigkeiten und
feste Budgets realisiert.
Mittelständler mit Kommunikationsstrategie sehen diese als
Erfolgsfaktor und sind signifikant zufriedener mit ihrer Kommunikationsarbeit.
Bei ihnen hat Kommunikation intern einen höheren Stellenwert und
Strukturen/Prozesse sind besser ausgeprägt.
Detailergebnisse der Studie
Bedeutungszuwachs
von Kommunikation, aber nur begrenzte Institutionalisierung
Der Mittelstand ist vom demografischen Wandel und der
Globalisierung besonders betroffen. Zwar erleichtern mittelständische
Strukturen eine schnelle Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen, die
Handlungsspielräume werden jedoch durch knappe finanzielle und personelle
Ressourcen begrenzt.
Gleichzeitig gewinnt Unternehmenskommunikation zunehmend an
Bedeutung. 77 Prozent der Studienteilnehmer aus dem Mittelstand betrachten
Kommunikation und öffentliche Meinung als unverzichtbar für den
Unternehmenserfolg, wobei nur 63 Prozent angaben, dass aktive
Kommunikationsarbeit innerhalb ihres Unternehmens einen hohen Stellenwert
besitzt.
Die Kommunikation im Mittelstand ist oft nur in Ansätzen
institutionalisiert: 40 Prozent der befragten Unternehmen verfügen weder über
eine Kommunikationsabteilung noch über ein festes Budget. Teils etablierte
Strukturen der Mittelstandskommunikation deuten – im Gegensatz zu früheren
Studien – auf eine zunehmende Professionalisierung hin, sind aber aufgrund der
Prägung der Stichprobe limitiert.
Chefsache
Kommunikation – oft ohne klare organisatorische Verankerung
Bei Mittelständlern liegt die kommunikative Zuständigkeit
überwiegend (52,6 Prozent) bei der Geschäftsführung; vor allem in kleineren
Unternehmen (weniger als 50 Mitarbeitern) ist Kommunikation eher „Chefsache“
(63,3 Prozent). Die Geschäftsführung nimmt oft wichtige Kommunikationsaufgaben
nach außen wahr; nach innen (Wertevermittlung, Mitarbeitermotivation) gilt dies
aber bei weniger als der Hälfte.
Die Verantwortung für Unternehmenskommunikation ist bei
Mittelständlern entweder im Bereich Marketing/Vertrieb (66,8 Prozent) oder in
einer Kommunikationsabteilung beziehungsweise bei einem einzelnen Kommunikator
(58,7 Prozent) verortet.
Zwar haben 67,7 Prozent mindestens eine Person, die
ausschließlich kommunikativ tätig ist, aber nur vier von zehn Unternehmen haben
ein festes Team für Kommunikationsaufgaben. Diese werden häufig flexibel, ohne
klar abgegrenzte Aufgabenbereiche, bearbeitet und oft nebenbei übernommen. Nur
25,2 Prozent gaben an, externe Dienstleister zu nutzen. Mittelständler, die
über feste Zuständigkeiten und Abteilungen verfügen, schätzen den Stellenwert
von Kommunikation höher ein als andere Unternehmen.
Fehlende
Strategien und situatives Handeln prägen die Kommunikation
Nur ein Drittel aller mittelständischen Unternehmen hat eine
übergeordnete, schriftlich fixierte Kommunikationsstrategie. Häufiger werden
einzelne Kommunikationskonzepte (57,1 Prozent) verwendet, die in der Praxis
durch anlassbezogene Maßnahmen umgesetzt werden.
Eine fehlende übergeordnete Strategie wird als zentrales
Hindernis der Kommunikation gesehen. Mittelständler, die eine solche Strategie
bereits implementiert haben, sind insgesamt professioneller aufgestellt und
zufriedener mit der eigenen Unternehmenskommunikation (62,8 Prozent) als
Unternehmen ohne entsprechende Strategie (39,1 Prozent).
Größte Hindernisse für die Kommunikationsarbeit sind mangelnde
personelle und zeitliche Ressourcen (56,1 Prozent), bei 41 Prozent das Budget
sowie der fehlende Nachweis des Beitrags zum Unternehmenserfolg (47,4 Prozent).
Häufig wird der Nutzen von Unternehmenskommunikation durch die Geschäftsleitung
nicht erkannt.
Die
Unterstützung von Geschäftsprozessen als oberstes Ziel von Kommunikation
Bei neun von zehn mittelständischen Unternehmen ist die
kommunikative Arbeit absatzorientiert und zielt auf Bekanntheitssteigerung.
Zudem spielen für mehr als 80 Prozent der Aufbau und die Pflege von
Beziehungen, Vertrauen, Reputation und Marken eine große Rolle. 60,6 Prozent
der Befragten haben mit der Stärkung der Stellung des Unternehmens in der
Gesellschaft auch breiter angelegte Ziele im Blick. Aber nur 39,1 Prozent
nennen den Umgang mit Kritik und Krisen als Ziel.
Die Gewinnung und Motivation von Mitarbeitern sowie die
Förderung der Unternehmenskultur ist nur für jedes zweite Unternehmen
bedeutsam. Durch die starke Fokussierung auf betriebswirtschaftliche Ziele
werden die Potenziale bei der gesellschaftspolitischen Positionierung von
Unternehmen nicht ausgeschöpft.
Die Evaluation der Kommunikationsarbeit beschränkt sich meist
auf die Dokumentation und Analyse von Medienberichten (72,6 Prozent) sowie auf
die Beobachtung und Befragung von Zielgruppen (bei rund zwei Dritteln). Die
zentralen Geschäftsziele oder immaterielle Werte werden dagegen nur von einem
Viertel in den Blick genommen.
Bei den kommunikativen Zielgruppen stehen Kunden und
Vertriebspartner mit 90 Prozent an erster Stelle. Eine relativ hohe Bedeutung
wird auch Journalisten (81,3 Prozent) sowie Mitarbeitern (73,5 Prozent) und
Lieferanten beziehungsweise Geschäftspartnern (71,3 Prozent) attestiert. Für
knapp die Hälfte sind potenzielle Arbeitnehmer wichtig. Gesellschaftliche
Gruppen oder das regionale Umfeld werden nur von einer Minderheit genannt. Die
Ziele und Zielgruppen sind von der Unternehmensstrategie abhängig: Markt- bzw.
Mitarbeiter-orientierte Wertschöpfungsziele korrelieren signifikant mit der
Relevanz der entsprechenden Zielgruppen.
Dialog und
persönliche Beziehungen prägen das Kommunikationsverständnis
Mittelständler verstehen Unternehmenskommunikation mehrheitlich
als dialogischen Austauschprozess (60,3 Prozent). Die direkte, persönliche
Kommunikation mit Kunden und Mitarbeitern spielt dabei die größte Rolle. Bei
geringer Mitarbeiterzahl ist dies sogar noch stärker ausgeprägt.
Für vier von zehn Befragten geht es bei der
Unternehmenskommunikation primär darum, Informationen anzubieten und
Bedeutungen zu vermitteln – ein eher einseitiges, aber den Spielregeln der
Mediengesellschaft entsprechendes Verständnis.
Medienwandel
sorgt für Verunsicherung bei Kommunikationsmaßnahmen
Neun von zehn mittelständischen Unternehmen setzen Websites,
Presse- und Medienarbeit, persönliche Kommunikation, Messen/Veranstaltungen
sowie Werbung/ Anzeigen ein. Social Media wird von 85,2 Prozent der Befragten
für die Unternehmenskommunikation genutzt und drei Viertel verfügen über
Kunden-Newsletter.
Aber Werbung wird nur (noch) von jedem zweiten Unternehmen als
wichtig erachtet; die Diskrepanz zwischen Nutzung und Relevanz beträgt 40
Prozentpunkte. Auch Social Media (Δ 22 Prozent), Messen/Veranstaltungen
(Δ 18,7 Prozent) und Pressearbeit (Δ 10 Prozent) werden von vielen
hinterfragt.
Einsatz und Bedeutung verschiedener Kommunikationswege hängen
auch von der Unternehmensgröße ab: Mit zunehmender Mitarbeiterzahl werden im
Mittelstand mehr Unternehmensmedien eingesetzt; Großunternehmen nutzen sie noch
stärker – schreiben ihnen aber eine geringere Relevanz zu.
Interne
Kommunikation: Spontane und persönliche Gespräche dominieren
Der interne Schwerpunkt liegt auf persönlicher Kommunikation und
Online-Plattformen wie Intranets, internen Wikis oder Blogs (75,8 Prozent).
Eine Mitarbeiterzeitschrift verlegen nur 38,4 Prozent. Intern werden
Informationen zumeist durch den spontanen Austausch unter Mitarbeitern, bei
formalen Arbeitstreffen und durch informelle Gespräche mit Führungskräften verbreitet.
Betriebsveranstaltungen spielen bei einem Viertel der befragten Unternehmen
eine Rolle.
Bei Großunternehmen wird interne Kommunikation deutlich
strukturierter betrieben. Neun von zehn Unternehmen nutzen interne
Online-Plattformen, 70 Prozent haben Mitarbeiterzeitschriften, wobei die
Relevanz von Mitarbeiterzeitschriften als deutlich niedriger eingeschätzt wird.
Intensive
Arbeitsgeberkommunikation aber nur bei 25 Prozent strategisch fundiert
Mittelständischen Unternehmen mangelt es häufig an überregionaler
Bekanntheit im Arbeitsmarkt. Aufwändigere Maßnahmen werden kaum eingesetzt. Nur
26,1 Prozent der Mittelständler haben eine eindeutige Strategie für Employer
Branding und Arbeitgeberkommunikation. Rund ein Viertel der befragten
Unternehmen hat nach eigener Auskunft kein klares Profil als Arbeitgeber.
Die Mehrheit der befragten mittelständischen Unternehmen nutzt
persönliche Kontakte (91,7 Prozent), Online-Angebote auf der eigenen Website
(88,6 Prozent)
und Jobportale (81,7 Prozent), um neue Fachkräfte zu gewinnen. Immerhin gut
zwei Drittel setzen noch auf Printanzeigen. Allerdings wird die Relevanz
durchgehend geringer eingeschätzt, als es die aktuelle Nutzung widerspiegelt.
Das gilt vor allem für Werbeprodukte, Stellenanzeigen und auch für Social Networks.
Diese Ergebnisse deuten auf unklare Zielsetzungen oder Lücken in der Umsetzung
hin.
Pressearbeit und eigene Publikationen zu Arbeitgeber- und Ausbildungsthemen
setzen nur ein Viertel ein. Dies sind zugleich die einzelnen Maßnahmen, bei
denen ein Nachholbedarf gesehen wird. Ob die Erwartungen überhöht sind, weil es
an Erfahrungen mangelt, oder ob mehr Aktivitäten sinnvoll sind, wäre im
Einzelfall zu klären – die Daten geben hierüber keine Auskunft.
Großunternehmen sind in allen Bereichen der Arbeitgeberkommunikation
vergleichsweise aktiver, vor allem bei der Pressearbeit und der
Live-Kommunikation (Beteiligung an Jobmessen, Betriebsbesichtigungen, usw.),
und bewerten die Relevanz aller Maßnahmen deutlich höher.
Internationale
Kommunikation meist auf Sparflamme
Sieben von zehn befragten Unternehmen im Mittelstand sind im
Ausland aktiv, davon haben nur die Hälfte auch eigene Niederlassungen. Vier von
zehn international tätigen Mittelständlern betreiben außerhalb von Deutschland
keine aktive Kommunikationsarbeit, obwohl diese als große Herausforderung
betrachtet wird. Weniger problematisch wurden der Umgang mit den globalen
Möglichkeiten des Internets (31,6 Prozent), die Zusammenarbeit mit
ausländischen Kommunikationsagenturen (26,6 Prozent) und die Abstimmung mit
Niederlassungen/Partnern im Ausland ein (26,6 Prozent) eingestuft.
Die größten Herausforderungen betreffen die Rahmenbedingungen im Ausland,
insbesondere die Berücksichtigung lokaler Mentalitäten und Kulturen bei der
Kommunikation (70,6 Prozent) sowie die oft schwer erfassbare Medienlandschaft
(66 Prozent) und öffentliche Meinungsbildung (63,3 Prozent). Gleichzeitig
spielen die interne Entwicklung von internationalen Kommunikationsstrategien
und die Schaffung eines einheitlichen Erscheinungsbildes für die Mehrheit eine
große Rolle.
Großunternehmen sind im Vergleich deutlich häufiger in mehr als
fünf Ländern tätig (62,6 Prozent) und haben ebenso häufig in mindestens so
vielen Ländern eine Vertriebsniederlassung. Sie schätzen die internationale
Kommunikation durchgehend schwieriger ein als die befragten Mittelständler.
Handlungsempfehlungen
für die Praxis
Professionalisierungsbedarf besteht bei strategischer Planung
und formal organisierter Kommunikationsarbeit, besonders bei
Arbeitgeberkommunikation, Digitalisierung und internationaler Kommunikation.
Übergeordnete Strategien führen – das zeigt die Studie eindrücklich – insgesamt
zu mehr Zufriedenheit mit der Unternehmenskommunikation.
Die starke Produkt-/Vertriebsorientierung der
Mittelstandskommunikation lässt große Potentiale brach liegen. Ebenso wird bei
den eingesetzten Maßnahmen noch häufig auf tradierte Muster gesetzt. Mediale
Plattformen und die Kommunikation im gesellschaftlichen Umfeld bieten Chancen
zur Stärkung der Marke und Impulse für künftige Innovationen und nachhaltige
Akzeptanz.
Überraschend zu Vergleichsstudien: Die Digitalisierung von
Wirtschaft und Gesellschaft sehen nur ein Drittel der Unternehmen als
Herausforderung. Dies kann erklären, warum der Social-Media-Kommunikation eine
geringere Relevanz zugesprochen wird. Der Mittelstand könnte hier den vielfach
konstatierten „blinden Fleck aufweisen“. Für die Zukunftssicherung ist gerade
dem Thema Online-Kommunikation mehr Bedeutung einzuräumen.
Die Heterogenität mittelständischer Unternehmen erfordert eine
Kommunikation, die konsequent an den jeweiligen Unternehmenszielen ausgerichtet
ist und von der Geschäftsleitung eingefordert und gefördert wird. Die große
Chance des Mittelstands ist: mit seinen authentischen, verantwortlich
handelnden Akteuren und Unternehmerpersönlichkeiten glaubwürdige Inhalte zu
vermitteln, die nachhaltig auf Reputation und Unternehmensidentität einzahlen.
Weitere Informationen online unter
www.mittelstandskommunikation.com