Unsere Meinung:

 

Nach den wirklichen Gründen für den Rücktritt von Bundespräsident
Horst Köhlers wurde kaum gefragt


Nun stehen sie fest die neuen Kandidaten für die Wahl des Bundespräsidenten. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff oder Joachim Gauck der ehemalige Leiter der nach ihm benannten Stasi-Unterlagenbehörde soll es werden.
Zuvor hatten die Berlin Astrologen der Medien kräftig über die Gründe der Rücktritts von Horst Köhler spekuliert.

Kaum einer sah die Ursache im Kanzleramt. Dabei liegt diese Vermutung auf der Hand.  
Merkels Jubelblatt, die Unterschichtgazette Bild Zeitung kommentiert gar: "Das war kein Rücktritt. Da hat einer beleidigt die Brocken hingeschmissen… 'Verantwortungslos' würde man einem normalen Arbeitnehmer bei solchem Verhalten ins Zeugnis schreiben. Die Begründung Horst Köhlers für diesen historisch einmaligen Schritt ist nicht nachzuvollziehen… Andere Medien betrachteten die Sache differenzierter und bleiben doch an der Oberfläche.
Die "Süddeutsche Zeitung" meinte: "
… Nun hat er sich selbst gestürzt. Er wird in die Geschichte eingehen als der Bundespräsident, der zurückgetreten ist. Sein Nachfolger sollte nun einer werden, der anders als Roland Koch Politik durchaus als fast alles sieht und der anders als Horst Köhler sich nicht für das Amt hält. Man möchte einen erfahrenen, klugen Politiker mit Haltung und Mut zum Widerspruch, der bleibt, auch wenn es schwierig wird.

Die "Stuttgarter Zeitung" schrieb:
...Vermutlich ist seine Empfindlichkeit auch der Schlüssel zu seinem Rücktritt: Die Kritik ging ihm vermutlich näher als jenen gestandenen Politikern, die ihn ins Amt gewählt haben. Das ändert aber nichts an dem Befund, dass Köhler als ein unvollendeter Präsident in die Annalen der Bundesrepublik eingeht."
 

Nur der Tagesspiegel brachte es auf den Punkt: ..."Deutschland erlebt somit eine vierfache Einmaligkeit.
Erstens: Nie ist eine Bundesregierung schlechter gestartet und auch nicht besser geworden über die Monate. Das Land wird unter seiner Bedeutung regiert.
Zweitens: Nie war Deutschland, an der Spitze seine Kanzlerin, isolierter und schlechter angesehen, was seine Positionen und seine Stellung in
Europa betrifft. (...)
Drittens: Nie war ein Außenminister und Vizekanzler einflussloser und zugleich unbeliebter.

Dazu kommt nun viertens der so noch nie da gewesene Rücktritt eines Bundespräsidenten. Deutschland wirkt destabilisiert - ausgerechnet in der größten Krise seit 60 Jahren (...)."


Dass die Afghanistan Äußerung von Köhler, die in den Medien vielfach heftig kritisiert und häufig fehlinterpretiert wurde, Anlass für den Rücktritt eines "dünnhäutigen Präsidenten" war, ist nur der halbe Weg zur Wahrheit.
Da wird auf den Präsidenten eingedroschen wenn er sich etwas abseits der üblichen Sprachregelung öffentlich Gedanken macht über Einsätze der Bundeswehr. Dort war das durchaus positiv gesehen und verstanden worden, stand es doch bereits im aktuellen Bundeswehr-Weißbuch.

Da wurde andererseits kritisiert, dass sich der Präsident in seiner zweiten Amtszeit zu wenig um das Thema Wirtschaft und Euro-Krise gekümmert habe. Dabei liegt hier der Schlüssel zum Rücktritt des Präsidenten. Köhlers Meinung zu den Entwicklung des Kasino-Kapitalismus oder besser des
Raubtier-Kapitalismus ist bekannt. Er hat sie weitsichtig bereits "Monster" genannt, schon lange vor der Finanzmarktkrise, die er vorausgesehen hatte. Damals schon wurde er nicht verstanden. Beim Bankenkongress in Frankfurt legte er nach, als er beklagte die Bänker hätten nichts aus der Krise gelernt.
Die Kanzlerin eiert indes seit der Finanzmarktkrise mit Ihrer Politik herum, von „Richtlinien der Politik bestimmen“, wie es das Grundgesetz für den Kanzler oder eine Kanzlerin vorsieht keine Spur.
In Deutschland werden an den Börsen jährlich insgesamt rund 163 Billionen Euro umgesetzt. Eine Minibörsen-Umsatzsteuer von 0,05 % würde dem Staat nach Rechnung von Experten 27 Milliarden Euro bringen. Geld das dringend benötigt wird um den Haushalt zu sanieren.

Der Mittelstand hatte das in einer Umfrage der Union Mittelständischer Unternehmen  schon Anfang des Jahres mit über 80%iger Mehrheit gefordert.
Vor der Wahl war die Kanzlerin für rasche Maßnahmen um die Verantwortlichen zur Kasse zu bitten, "Wir müssen überlegen, wie wir die Kosten auch fair verteilen. Von Deutschland favorisiert wird hier eine Finanzmarkt-Transaktionssteuer", so Merkel.
Nach der Wahl ging Merkels Regierung auf Schlingerkurs, lässt sich von jeder Seite Sand in die Augen streuen und setzt auf globale Lösungen, die nicht kommen werden, um nicht selbst handeln zu müssen. Auch auf europäischer Ebene fehlt es der Regierung an Ideen und Führungskraft.

In anderen Ländern wie England hat man weniger gezögert und einfach Maßnahmen ergriffen. In Deutschland heißen die Angebote in Merkels Bauchladen:  "Transaktionssteuer", "Bankenabgaben", "Finanzmarkt-Aktivitätssteuer", "Financial Activity Tax" oder "Finanzmarkttransaktionssteuer" . Jede Packung mit einem etwas anderen Inhalt.
Eine kurzsichtige Kanzlerin mit wenig Sinn für die Wirtschaft schwimmt einsam im Teich der Weltwirtschaftspolitik und nirgends scheint Land in Sicht zu sein. Mit den falschen Freunden und wohl auch den falschen Beratern.

Wie sollte der Wirtschaftsfachmann Köhler im Präsidentenamt da noch helfen können? Das muss ihn geschmerzt und einsam gemacht haben.
Nach dessen Rücktritt erklärte die Kanzlerin zwar, Köhler sei ein Bundespräsident der Bürger gewesen.  Zudem habe sie mit ihm "immer sehr, sehr gut zusammengearbeitet", Köhler sei ihr ein wichtiger Ratgeber besonders in der Wirtschafts- und Finanzkrise gewesen. " Dieser Rat wird mir fehlen."
Ob der Ex-Bundespräsidenten das auch so sieht? Wie sagte die Kanzlerin gerade erst, es zieme sich nicht, dass ein Verfassungsorgan ein anderes kommentiere?
Merkel hat mit Sicherheit einen größeren Anteil am Rücktritt des beliebten Präsidenten als die Kritik an dessen Afghanistan- Äußerungen.
Köhler ist  in sein Amt gestartet mit der Hoffnung etwas bewegen zu können, das hat er wohl unterschätzt. Er hatte nicht damit gerechnet mit welch subtilen Methoden man jene Leute entsorgen kann die nicht auf der Linie liegen. Das war vielleicht sein wirklicher Fehler.

Wir wissen zwar nicht was wir wollen, aber dieses Ziel verfolgen wir mit aller Kraft scheint das Motto in Berlin zu sein. 
Die Hoffnung bleibt. Mit Verteidigungsminister zu Guttenberg und Arbeitsministerin von der Leyen stehen Merkel-Nachfolger bereit, sie sind schon heute in der Beliebtheitsskala an der Kanzlerin vorbeigezogen.



Jürgen E. Metzger